Bremsgleichung
Zur Herleitung der StoĆdichte, der Bremsgleichung und der Bremsdichte wird von der stationƤren
KontinuitƤtsgleichung ausgegangen. Neutronen kƶnnen
durch Quellen $S$ oder Einstreuung aus anderen Energiebereichen $Eā$ auf ein Energienievau $E$ gelangen.
Sie verlassen ein Energienievau nur durch Streuung, wobei der totale Wirkungsquerschnitt sowohl
Fissionseffekte als auch die elastische Streuung in andere Energiebereiche berücksichtigt.
[
\begin{align}
\Sigma_t (E) \phi(E) &= S(E) + \int \sigma_S (E' \to E) \phi(E') \text{d}E' \\
\Sigma_s (E' \to E) &= \Sigma_s(E') \mid W(E' \to E) \mid \\
W(E' \to E) =
\begin{cases}
\frac{1}{E' (1 - \alpha} & \forall E \leq E' \leq \frac{E}{\alpha} \\
0 & \text{else}
\end{cases} \\
\underbrace{\Sigma_t(E) \phi(E)}_{F(E)} &= S(E) + \frac{1}{1 - \alpha} \int_E^\frac{E}{\alpha} \Sigma_s(E') \phi(E') \frac{\text{d}E'}{E'} \\
F(E) &= S(E) + \frac{1 - \alpha} \int_E^\frac{E}{\alpha} \Sigma_s (E') \underbrace{\frac{F(E')}{\Sigma_t(E')}}_{\phi(E')} \frac{\text{d}E'}{E'}
\end{align}
]
Hierbei wurde die StoĆdichte $F(E)$ eingeführt, die die Zahl aller StoĆe von Neutronen der Energie E pro
Zeit- und Volumsintervall beschreibt. Das Integral berücksichtigt nur Energien von $E$ bis $\frac{E}{\alpha}$,
da davon ausgegangen wird, dass Neutronen durch Streuung nur in niedrigere Energiebereiche gestreut (d.h.
nicht aus Bereichen $< E$ auf die Energie $E$) und durch Streuung maximal um den Faktor $\alpha$
abgebremst werden kƶnnen, die Energie $E$ also hƶchstens
von Energien $\frac{E}{\alpha}$ erreichbar sind.
Bremsdichte
Die Bremsdichte ist als die Zahl der Neutronen definiert, die pro Zeit- und Volumselement auf eine
Energie unterhalb einer Schwelle $E$ abgebremst werden. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein
Neutron mit der Energie $Eā> E$ in einen Bereich $Eāā < E$ abgebremst wird,
kann durch $G(Eā, E)$ beschrieben werden:
[
\begin{align}
G(Eā, E) = \int_{\alpha Eā}{E} W(Eā \to Eāā) \text{d}Eāā = \int_{\alpha Eā}^E \frac{1}{\left(1 - \alpha\right)Eā} \text{d}Eāā \\
G(Eā, E) = \frac{E - \alpha Eā}{\left(1-\alpha\right) Eā}
\end{align}
]
Hierbei wurde die untere Integralgrenze durch die durch StoĆprozesse erreichbare Endenergie $\alpha Eā$ und
die obere Integrationsgrenze durch die zu unterschreitende Schwelle $E$ festgelegt. Hierdurch ist dieser
Ausdruck natürlich nur dann sinnvoll einsetzbar, wenn $\alpha Eā \leq E$ ist.
Für die Bremsdichte werden nur Neutronen betrachtet, die durch StoĆprozesse auf mindestens $E$ abgebremst
werden kƶnnen, das heiĆt Neutronen die eine hƶchste Energie von $\frac{E}{\alpha}$ aufweisen:
[
\begin{align}
q(E) = \int_E^{\frac{E}{\alpha}} \Sigma_s (Eā) \phi(Eā) G(Eā, E) \text{d}Eā
\end{align}
]
Spezialfall: Streuung an Wasserstoff, keine Absorption ($\alpha = 0$)
Für Wasserstoff gilt wegen $A=1$, dass $\alpha = 0$. Die Forderung, dass keine Absorption auftritt
wird durch $\Sigma_a = 0 \to \Sigma_t = \Sigma_s$ erfüllt. Im ersten Schritt werden nur
monoenergetische Quellterme $S(E) = Q_0 \delta(E-E_0)$ berücksichtigt.
[
\begin{align}
F(E) = S(E) + \frac{1}{1 - \alpha} \int_E^{\frac{E}{\alpha}} \Sigma_s (Eā) \frac{F(Eā)}{\Sigma_t(Eā)} \frac{\text{d}Eā}{Eā} \\
= \underbrace{\frac{Q_0}{E_0}}_{\text{ErststƶĆe}} + \underbrace{\int_E^{E_0} \frac{F(Eā)}{Eā} \text{d}Eā}_{\text{MehrfachstƶĆe}}
\end{align}
]
Für Neutronen mit der Quellenergie $E_0$ kƶnnen keine MehrfachstƶĆe stattfinden, da diese Neutronen in niedrigere
Energienievaus verschieben würden. Bei unterschiedlichen Quelltypen trifft dies nicht mehr allgemein zu.
[
\begin{align}
F(E_0) = \frac{Q_0}{E_0} \\
\frac{\text{d}F(E)}{\text{d}E} = - \frac{F(E)}{E} \to F(E) = \frac{\text{const}}{E}
\to F(E) = \frac{Q_0}{E}
\end{align}
]
Werden nun Energiebereiche unterhalb der Quellenergie betrachtet, fƤllt der Quellterm $S(E) = 0$
weg, wodurch sich der folgende Zusammenhang ergibt:
[
\begin{align}
F(E) = \Sigma_s(E) \phi(E) \\
\frac{Q_0}{E} = \Sigma_s(E) \phi(E) \\
\to \phi(E) = \frac{Q_0}{E \Sigma_s(E)} \propto \frac{1}{E}
\end{align}
]
Der Fluss ist also von der Quellenergie $E_0$ unabhƤngig - das Ergebnis gilt also auch
für polychromatische Quellen und hängt nur von der Neutronenenergie $E$ ab!
Für die Bremsdichte ergibt sich für Wasserstoff mit $\alpha=0$
[
\begin{align}
G(Eā, E) = \frac{E - \alpha Eā}{\left(1 - \alpha\right)Eā} = \frac{E}{Eā} \\
q(E) = \int_E^{\frac{E}{\alpha}} \Sigma_s (Eā) \phi(Eā) G(Eā, E) \text{d}Eā \\
q(E) = E F(E) = E \left(\frac{Q_0}{E_0} + \int_E^{E_0} \frac{F(Eā)}{E} \text{d}Eā \right) = Q_0
\end{align}
]
Hieraus kann erkannt werden, dass die Bremsdichte in unendlich ausgedehnten Medien ohne Absorption
und Quellen unabhƤngig von der Energie der Neutronen ist.
Wird nun zusätzlich Absorption betrachtet, ergibt sich für Wasserstoff wiederum
[
\begin{align}
F(E) = \Sigma_t(E) \phi(E) \\
= \underbrace{\frac{\Sigma_s(E_0)}{\Sigma_t(E_0)}}_{\text{Streuanteil ohne Absorption}} \frac{Q_0}{E_0} + \int_E^{E_0} \frac{\Sigma_s(Eā)}{\Sigma_t(Eā)} F(Eā) \frac{\text{d}Eā}{Eā}
\end{align}
]
An der Quellenergie $E_0$ ist $\frac{\Sigma_s(E_0)}{\Sigma_t(E_0)} \approx 1$
Differenzieren liefert
[
\begin{align}
\frac{\text{d} F(E)}{\text{d}E} = - \frac{Sigma_s(E)}{\Sigma_t(E)} \frac{F(E)}{E} \\
= - \int_E^{E_0} \frac{\text{d} F(Eā)}{\text{d}Eā} \text{d}Eā = \int_E^{E_0} \frac{\Sigma_s}{\Sigma_t} \frac{\text{d}Eā}{Eā} \\
\to \int_E^{E_0} \frac{\Sigma_s}{\Sigma_t} \frac{\text{d}Eā}{Eā} = \text{ln} F(E) - \text{ln} F(E_0) \\
\to \int_E^{E_0} \frac{\Sigma_s}{\Sigma_t} \frac{\text{d}Eā}{Eā} = \text{ln} \left(\frac{F(E)}{F(E_0)}\right) \\
\end{align}
]
Hierbei muss berücksichtigt werden, dass der totale Streuquerschnitt $\Sigma_t$ durch Resonanzen
bei der Absorption ($\Sigma_a$) stark von der Energie abhƤngt
Lƶsen der Gleichung liefert
[
\begin{align}
\frac{F(E)}{F(E_0)} = \text{e}^{\int_E^{E_0} \frac{\Sigma_s}{\Sigma_t} \frac{\text{d}Eā}{Eā}} \\
F(E) = \underbrace{\frac{Q_0}{E_0}}_{F(E_0)} \text{e}^{\int_E^{E_0} \frac{\Sigma_s}{\Sigma_t} \frac{\text{d}Eā}{Eā}} \\
\end{align}
]
und hiermit für die Bremsdichte
[
\begin{align}
q(E) = E F(E) = E \frac{Q_0}{E_0} \text{e}^{\int_E^{E_0} \frac{\Sigma_s}{\Sigma_t} \frac{\text{d}Eā}{Eā}}
\end{align}
]
Hiermit kann nun die Resonanzentkommwahrscheinlichkeit, das heiĆt die Wahrscheinlichkeit, dass ein
Neutron nicht parasitƤr oder durch Fissionsreaktionen absorbiert wird, durch
$p(E) = \frac{q(E)}{Q_0}$ bestimmt werden, wobei $Q_0$ die Anzahl der von der Quelle abgegebenen
Neutronen und $q(E)$ die Zahl der Neutronen ist, die pro Volums- und Zeitintervall unter die
Energie $E$ gebremst - das heiĆt moderiert werden.
MehrfachstƶĆe (Moderatoren mit $A > 1$)
Bei der Kolission mit einem Moderator mit einer relativen Massezahl $A > 1$ kann die Energie
eines Neutrons nicht wƤhrend eines einzigen StoĆes abgegeben werden. Es erfolgt
also eine Abbremsung von hƶheren Energien auf thermische Energien durch MehrfachstƶĆe, das heiĆt
$E_0 \to \alpha E_0 \to \alpha^2 E_0 \to \ldots$.
[
\begin{align}
F_1(E) = \underbrace{\frac{Q_0}{E_0(1-\alpha)}}_{\text{Quellterm}} + \int_E^{E_0} \frac{F_1(Eā)}{Eā(1-\alpha)} \text{d}Eā \\
F_{n > 1}(E) = \int_E^{E_0} \frac{F_n(Eā)}{Eā(1-\alpha)} \text{d} Eā
\end{align}
]
Sehr hohe Resonanzen mit einer Breite von $\Gamma > \alpha E_1$ können übersprungen werden
[
\begin{align}
p(E) = \frac{q(E)}{Q_0} = \text{lim}_{\Sigma_a \to \infty} \text{e}^{-\int_E^{E_0} \frac{\Sigma_a}{\chi(\Sigma_a + \Sigma_s)} \frac{\text{d}Eā}{Eā}} \\
= \text{lim}_{\Sigma_a \to \infty} \text{e}^{-\int_E^{E_0} \frac{1}{\chi(1 + \frac{\Sigma_s}{\Sigma_a})} \frac{\text{d}Eā}{Eā}} \\
= \text{e}^{-\int_E^{E_0} \frac{1}{\chi} \frac{\text{d}Eā}{Eā}} \\
\end{align}
]
Aus der Resonanzentkommwahrscheinlichkeit kann gefolgert werden, dass Absorption mit einer Wahrscheinlichkeit
von $1 - p(E)$ erfolgt. Nimmt man an, dass keine parasitƤre Absorption auĆerhalb des Brennstoffes erfolgt,
gilt
[
\begin{align}
\Sigma_a(E) = \sigma_a^B(E) N^B \\
1 - p = \frac{N^B}{\chi \Sigma_s} \underbrace{\int_{E_0}^{E_1} \sigma_a^B(E) q(E) \frac{\text{d}E}{E}}_{I_\text{eff}}
\end{align}
]